Strafrecht verstehen: Ein Leitfaden für Beschuldigte, Angeklagte und Zeugen
Im folgenden Beitrag bekommen Sie einen ersten Einblick in das breite Feld des Strafrechts sowie wichtige Informationen für Beschuldigte, Angeklagte oder Zeugen im Strafprozess.
Das Strafrecht ist ein Teil des öffentlichen Rechts, das sich mit dem rechtlichen Verhältnis zwischen dem Bürger und einer staatlichen Institution – in diesem Fall vorwiegend der Polizei bzw. der Staatsanwaltschaft und den Strafgerichten – beschäftigt. Demgegenüber steht das Privatrecht, das unter anderem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) normiert ist und rechtliche Verhältnisse zwischen den Bürgern regelt. Das deutsche Strafrecht ist vorwiegend im Strafgesetzbuch (StGB) normiert. In Nebengesetzen, wie zum Beispiel dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG), lassen sich zusätzliche Straftatbestände finden.
Inhaltsverzeichnis
- Das Wichtigste in Kürze
- Grundlagen und Zweck des Strafrechts
- Formelles und materielles Strafrecht
- Wichtige Prinzipien im Strafrecht
- Strafverfahren und Rechte der Beteiligten
- Häufige Straftatbestände und ihre Folgen
- Zusammenfassung und rechtliche Unterstützung
Das Wichtigste in Kürze
- Das Strafrecht ist ein Teil des öffentliche Rechts, dem das Privatrecht gegenübersteht.
- Die konkrete Tat und die Strafandrohung werden im materiellen Strafrecht beschrieben, während das formelle Strafrecht den Ablauf des Strafverfahrens regelt.
- Das Strafverfahren gliedert sich in mehrere Phasen, in denen die Beteiligten unterschiedliche Rechte haben.
Grundlagen und Zweck des Strafrechts
Das Strafrecht verfolgt mehrere Zwecke, wobei der Fokus dabei auf dem Schutz elementarer Rechtsgüter, wie der körperlichen Unversehrtheit und dem Schutz des Eigentums, liegt. Die Frage, was der eigentliche Sinn und Zweck des Strafens ist, ist auch heute noch umstritten. In der Geschichte des Strafrechts haben sich mehrere Strafrechtstheorien gebildet. Diese sind grob zu unterteilen in:
- die absolute Strafrechtstheorie sowie
- die relativen Strafrechtstheorien.
Laut der absoluten Strafrechtstheorie besteht der Zweck des Strafrechts in der Vergeltung und Sühne der gesellschaftlich missachteten Tat. Diese Theorie geht auf Kant und Hegel im Rahmen der Vergeltungs- und Sühnetheorie zurück. Demnach besteht der Sinn in der Bestrafung darin, die Gerechtigkeit wiederherzustellen, indem eine schuldhafte Tat durch die Bestrafung gesühnt wird.
Im Gegensatz dazu sehen die relativen Strafrechtstheorien den Sinn des Strafens eher in der Vorbeugung von Straftaten. Durch das Androhen und Durchsetzen von Strafen sollen zukünftige Täter abgeschreckt und dadurch von der Begehung von Straftaten abgehalten werden (sog. Spezialprävention). Der generalpräventive Ansatz verfolgt die Ansicht, dass durch das Strafrecht das Vertrauen der Bürger in die Rechtsordnung gestärkt werden soll.
Formelles und materielles Strafrecht
Grundsätzlich lässt sich das Strafrecht in einen formellen und einen materiellen Teil unterscheiden: Dabei regelt das materielle Strafrecht im StGB, welche Handlungen der Staat konkret unter Strafe stellt und welche Rechtsfolgen daraus resultieren. Dabei werden in den Straftatbeständen im Gesetz die konkreten Taten sowie die Strafandrohung genannt. Das materielle Strafrecht beschäftigt sich hauptsächlich mit der Frage, wie eine Tat rechtlich zu werten ist. Dabei enthält es beispielsweise auch Ausführungen dazu, wann eine Tat als Versuch zu werten ist oder bei welchen Voraussetzungen eine Notwehrhandlung zu bejahen ist.
Demgegenüber beschäftigt sich das formelle Strafrecht mit der Durchsetzung der materiellen Regelungen. Normiert ist dies vorrangig in der Strafprozessordnung (StPO) sowie dem Gerichtsverfassungsgesetz (GVG). Diese Gesetze beinhalten Regelungen dazu, wie das Strafverfahren genau abläuft und welche Schritte zu beachten sind. Dabei stehen drei Ziele im Vordergrund:
- die Wahrheit herauszufinden,
- Rechtsstaatlichkeit zu wahren und
- den Rechtsfrieden herzustellen.
Wichtige Prinzipien im Strafrecht
Dem Strafrecht liegen vor allem die folgenden Prinzipien zugrunde:
- Keine Strafe ohne Gesetz (“Nulla poena sine lege”)
- Verbot der Doppelbestrafung (“Ne bis in idem”)
- Keine Strafe ohne Schuld (“Nulla poena sine culpa”)
- Im Zweifel für den Angeklagten (“In dubio pro reo”)
Der Grundsatz, dass keine Strafe ohne Gesetz verhängt werden darf, ist auch im Grundgesetz unter Art. 103 Abs. 2 GG verankert. Daraus ergibt sich, dass das Gesetz hinsichtlich seines Wortlauts hinreichend bestimmt sein muss, um eine Strafe zu verhängen (Bestimmtheitsgebot). Zudem darf eine Norm nur angewendet werden, wenn sie zur Zeit der Tatbegehung bereits Gültigkeit hatte, woraus ein Rückwirkungsverbot resultiert. Zudem ist es auch verboten, eine Norm in Analogie zu Lasten des Angeklagten heranzuziehen (Analogieverbot) oder Gewohnheitsrecht anzuwenden.
Im Rahmen des Verbots der Doppelbestrafung darf eine Person nicht zweimal in derselben Sache verurteilt werden. Dies ist ebenso im Grundgesetz unter § 103 Abs. 3 GG verankert. Das bedeutet, dass eine Straftat durch ein rechtskräftiges Urteil vollständig abgegolten ist und für weitere Strafprozesse nicht mehr verwertbar ist.
Der Grundsatz, dass keine Strafe ohne Schuld verhängt wird, besagt, dass niemand für eine Tat bestraft werden kann, derer er nicht schuldig ist. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn schuldausschließende Gründe oder Entschuldigungsgründe vorliegen, aufgrund derer die Schuld entfällt. Ebenso darf im Rahmen des “in dubio pro reo”-Grundsatzes ein Zweifel an der Schuld des Angeklagten nicht zu seinen Lasten gewertet werden. Im Gegenteil: Lässt sich eine Tat nicht zweifelsfrei nachweisen, ist im Zweifel für den Angeklagten zu entscheiden, sodass ein Freispruch ergeht.
Strafverfahren und Rechte der Beteiligten
Das Strafverfahren gliedert sich grundsätzlich in fünf Phasen:
- das Ermittlungsverfahren
- das Zwischenverfahren
- das Hauptverfahren
- die Rechtsmittelinstanz
- das Vollstreckungsverfahren
Das Ermittlungs-, das Zwischen- und das Hauptverfahren werden auch als Erkenntnisverfahren bezeichnet. Hier läuft der Strafprozess ab, indem gegen den Beschuldigten ermittelt und ggf. ein Strafverfahren eröffnet wird. Kommt es zur Anklage, wird diese im Rahmen des Hauptverfahrens in einer Hauptverhandlung verhandelt. Dabei wird untersucht, ob der Angeklagte sich der Tat schuldig gemacht hat und wie über die Strafe zu entscheiden ist. Kommt es zu einer Verurteilung, kann durch Rechtsmittel wie Berufung oder Revision je nach Einschlägigkeit gegen das Urteil vorgegangen werden. Werden keine Rechtsmittel eingelegt, wird das Urteil im Vollstreckungsverfahren vollstreckt. Bei minderjährigen Straftätern gelten spezielle Vorschriften im Rahmen des Verfahrens vor den Jugendgerichten.
Im Rahmen des Strafverfahrens haben Beschuldigte eine Vielzahl an Rechten, die sie schützen: Allen voran besteht das Recht zu schweigen. Als Strafverteidiger ist es mir ein wichtiges Anliegen, meinen Mandanten vor Augen zu führen, dass sich niemand im Rahmen eines Strafprozesses selbst belasten muss. Als Beschuldigter haben Sie das Recht, sich nicht zu den Vorwürfen äußern zu müssen, was Ihnen auch nicht negativ ausgelegt werden darf. Daneben haben Beschuldigte das Recht auf eine anwaltliche Beratung. Darüber ist auch im Rahmen einer polizeilichen Belehrung aufzuklären. Dies umfasst auch das Recht, einen Anwalt zu kontaktieren und sich durch diesen im Rahmen der Strafverteidigung vertreten zu lassen.
Daneben besteht das Recht auf eine rechtmäßige Vernehmung. Unerlaubte Vernehmungsmethoden, wie Drohungen oder Täuschungen, führen dabei zu Verfahrensfehlern, die im Rahmen des Strafprozesses geltend gemacht werden. Außerdem hat der Angeklagte ein Recht auf ein faires Verfahren durch unabhängige Gerichte und eine ihm zustehende Akteneinsicht. Im Rahmen der Hauptverhandlung gebührt dem Angeklagten außerdem das letzte Wort. Als Opfer im Strafverfahren steht es frei, ob man sich als Nebenkläger dem Strafprozess anschließen möchte.
Häufige Straftatbestände und ihre Folgen
Im Rahmen des Strafrechts treten gehäuft die sogenannten Eigentumsdelikte auf. Dabei handelt es sich um Straftaten, die gegen das persönliche Eigentum gerichtet sind. Dazu zählen vor allem Diebstahl oder Unterschlagung. Als Straftat, die sich gegen die körperliche Unversehrtheit richtet, ist vor allem die Körperverletzung in ihren verschiedenen Qualifikationen zu nennen. Bei Straftaten, wie Beleidigung, Verleumdung oder übler Nachrede, steht die Ehre als geschütztes Rechtsgut im Fokus.
Das jeweilige Gesetz gibt dabei an, welcher Strafrahmen für eine jeweilige Straftat besteht. Meist reicht diese von Geldstrafe bis hin zu Freiheitsstrafe. Wie hoch die Strafe ausfällt, entscheidet das Gericht und ist einzelfallabhängig. Dabei hat das Gericht unter anderem zu prüfen, ob strafmildernde oder -schärfende Gesichtspunkte vorliegen, ob es sich um einen Einzeltäter oder eine Wiederholungstat handelt und wie hoch der entstandene Schaden ist.
Zusammenfassung und rechtliche Unterstützung
Als Beschuldigter, Zeuge oder gar Angeklagter in einem Strafverfahren ist es wichtig, zumindest einen groben Überblick über das Strafverfahren und die zu erwartenden Schritte zu haben. Daneben ist es jedoch unerlässlich, einen erfahrenen Rechtsanwalt als Strafverteidiger an seiner Seite zu haben. Als Rechtsanwalt mit langjähriger Berufserfahrung im Strafrecht übernehme ich Ihre Strafverteidigung in Duisburg. Kontaktieren Sie mich gerne jederzeit für weitere Informationen oder einen Beratungstermin.