
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG): Ein umfassender Leitfaden
Ein Rechtsanwalt schließt mit seinen Mandanten einen Vertrag über die Erbringung von Rechtsdienstleistungen. Als Mandant ist es für Sie natürlich wichtig, zu wissen, welche Kosten in etwa für die Beauftragung eines Rechtsanwaltes zu erwarten sind.
Dabei gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, nach denen Ihr Anwalt abrechnen kann. Gesetzlich geregelt ist die Vergütung grundsätzlich im Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Darin ist ein gesetzlich geregelter Gebührensatz für Rechtsanwälte enthalten, nach welchem sich die Vergütung richtet. Alternativ dazu können Rechtsanwälte auch individuelle Vergütungsvereinbarungen mit ihrer Mandantschaft treffen.
In diesem Beitrag erfahren Sie, wie die Rechtsanwaltsvergütung grundsätzlich funktioniert, wie die Kostenerstattung und Prozesshilfe ablaufen und welche aktuellen Entwicklungen und Reformen in diesem Zusammenhang zu beachten sind.
Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze
- Die Gebühr im RVG richtet sich in zivil- und verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten nach dem Gegenstandswert.
- Der Rechtsanwalt kann entscheiden, ob er seine Leistungen nach dem RVG oder durch eine Vergütungsvereinbarung abrechnen möchte.
- Durch die Erstattung anwaltlicher Gebühren für den Fall des Obsiegens und die Prozesskostenhilfe können Rechtsanwaltsgebühren gering gehalten werden.
Einführung in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG)
Das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz existiert seit 2004 und hat die zuvor geltende Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) abgelöst. Durch das RVG sollen die Kosten und Gebühren für Rechtsdienstleistungen einheitlicher und transparenter gestaltet werden. Dabei ist allerdings wichtig zu betonen, dass das RVG nur für Rechtsanwälte gilt. Notare können hingegen ihre Leistungen nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz abrechnen. Das RVG legt die Gebühren für Leistungen und Tätigkeiten des Rechtsanwalts gesetzlich fest. Zu beachten ist dabei, dass zusätzlich Auslagen berechnet werden können und die Mehrwertsteuer anfällt.
Grundprinzipien der Rechtsanwaltsvergütung
Nach § 1 RVG ist das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz für anwaltliche Tätigkeiten von Rechtsanwälten und Mitgliedern von anwaltlichen Gesellschaften anwendbar. Grundsätzlich gliedert sich das RVG in neun Abschnitte, von denen folgende besonders relevant sind:
- der erste Abschnitt, der das Gebührensystem enthält
- der vierte Abschnitt, der den Gegenstandswert bestimmt
- der siebte Abschnitt, der Pauschalgebühren für besondere Fälle im Straf- und Bußgeldrecht enthält
Grundsätzlich richtet sich die Gebühr im RVG in zivil- und verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten nach dem Gegenstandswert. Das bedeutet, dass ein Verfahren mit sehr hohem Gegenstandswert auch höhere Anwaltskosten mit sich bringt als ein Verfahren mit geringem Gegenstandswert. Dies folgt daraus, dass ein anspruchsvolleres Verfahren in der Regel auch einen erhöhten Arbeitsaufwand mit sich bringt, der durch höhere Anwaltsgebühren abgegolten werden soll.
Gebühren nach dem RVG
Das RVG sieht vor allem zwei Gebührenarten vor:
- Festgebühren und
- Rahmengebühren
Bei Festgebühren handelt es sich um einen festen Gebührensatz, der dem Anwalt auch keinen Spielraum erlaubt. Rahmengebühren wiederum sind vom Gegenstandswert abhängig oder müssen innerhalb eines Mindest- und Höchstbetrags liegen. Dabei hat der Rechtsanwalt anhand der Gebührentabelle in Anlage zum § 13 RVG zu entnehmen, welche Gebühren anzusetzen sind. Hinsichtlich der Angemessenheit seiner Gebühren hat er alle Umstände des Einzelfalls zu bewerten. Dazu zählen vor allem:
- die Schwierigkeit des Falls
- die erforderliche Expertise
- die Komplexität der zu sichtenden Unterlagen
- die Beurteilung von Haftungsrisiken des Anwalts
- die Einkommensverhältnisse des Mandanten
In diesem Zug kann der Anwalt seinen Mandanten nach dessen Einkommen- und Vermögensverhältnissen befragen, um eine angemessene Vergütung sicherzustellen.
Vergütungsvereinbarungen
Vergütungsvereinbarungen stellen eine Alternative zur Abrechnung der Gebühren nach dem RVG dar, die heutzutage unter Anwälten viel genutzt werden. Oftmals haben Rechtsanwälte feste Stundensätze, nach denen ihre Arbeit abgerechnet wird. Dabei ist zu beachten, dass auch bei Vergütungsvereinbarungen gesetzliche Normen zu beachten sind, wie z. B. die der §§ 49b BRAO und der § 3a ff. RVG. Bei gerichtlichen Verfahren ist es außerdem unzulässig, die gesetzlichen Gebühren aus dem RVG zu unterschreiten; eine höhere Vergütung als die, die gesetzlich vorgesehen ist, ist jedoch zulässig. Diese ist jedoch auch nicht unbeschränkt möglich, sondern findet ihre Grenzen in der Unangemessenheit oder Sittenwidrigkeit.
Oft nutzen Rechtsanwälte Vergütungsvereinbarungen in besonders umfangreichen und komplizierten Fällen, bei denen eine Abrechnung nach dem RVG ihrem Aufwand und Einsatz nicht gerecht werden würde. Diese Fälle benötigen eine besondere Expertise und exakte Arbeitsweise, die mittels einer Vergütungsvereinbarung pro Stunde angesetzt wird. In diesen Fällen schließen der Rechtsanwalt und der Mandant eine Zusatzvereinbarung zum Vertrag, in der angegeben wird, um welche Angelegenheit es sich handelt und wie der Zeitaufwand des Rechtsanwalts zu vergüten ist. Dabei haben Rechtsanwälte jedoch stets zu beurteilen, welche Vergütung für den Einzelfall angemessen ist. Auch hier haben sie sich an den oben genannten Grundsätzen und einem angemessenen Verhältnis zwischen Leistung bzw. Arbeitsaufwand und Vergütung zu orientieren.
Kostenerstattung und Prozesskostenhilfe
Grundsätzlich haben die widerstreitenden Parteien ihre Anwaltskosten selbst zu tragen. Gerichtliche Anwaltskosten werden erst dann erstattet, wenn der Prozess gewonnen wird. Dies legen die §§ 91 ff. ZPO fest, wonach der Gegner im Zivilverfahren bei vollständigem oder teilweisem Unterliegen auch für die gerichtlichen Anwaltskosten aufkommen muss. Anders verhält es sich mit außergerichtlichen Anwaltskosten – also den Kosten, die nicht im Rahmen eines Gerichtsverfahrens anfallen. Diese müssen gesondert im Prozess geltend gemacht werden.
Das deutsche Rechtssystem sieht außerdem die Möglichkeit vor, finanzielle Unterstützung im Rahmen gerichtlicher Prozesse zu gewährleisten, als sogenannte Prozesskostenhilfe. Wird Prozesskostenhilfe gewährt, sind für die Gerichts- und Anwaltskosten keine bis geringe Zahlungen zu leisten. Ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe wird dann bejaht, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Dazu zählen unter anderem, dass die betroffene Person aufgrund von geringen Einkommens- und Vermögenswerten die Kosten für die Prozessführung nicht oder nur zum Teil leisten kann und das Gerichtsverfahren eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Aktuelle Entwicklungen und Reformen
Ein aktuelles Thema, das die Gerichte beschäftigt, ist die Frage der unangemessenen Vergütungsvereinbarung. Dies ist Gegenstand einiger aktueller Gerichtsverfahren und auch noch nicht abschließend geklärt. Zudem gibt es einen neuen Referentenentwurf für eine Anpassung des RVG, der unter anderem eine Anhebung der Werte in Kindschafts- und Familiensachen sowie in der Prozesskostenhilfe anstrebt.
Fazit
Für Sie als Mandanten ist es wichtig, einen Einblick zu haben, mit welchen Kosten Sie bei der Beauftragung eines Rechtsanwaltes zu rechnen haben. Wie dargestellt kann sich dies nach dem RVG oder individuellen Vergütungsvereinbarungen ergeben. Gerne berät Sie Philipp Berndtsen als Ihr Strafverteidiger in Duisburg im Einzelfall und lässt Ihnen auch eine grobe Einschätzung bezüglich der zu erwartenden Kosten zukommen. Kontaktieren Sie gerne seine Kanzlei bei weiteren Fragen oder für einen Besprechungstermin.