
Pflichtverteidiger im Strafrecht: Wann haben Sie Anspruch auf staatliche Verteidigung?
Um sein gutes Recht durchzusetzen, hat jeder Beschuldigte in einem Strafverfahren das Recht auf eine professionelle juristische Strafverteidigung, sei es in der Form eines Pflichtverteidigers oder eines Wahlverteidigers. Mitunter ordnet der Gesetzgeber sogar die Bestellung an, um den zumeist juristischen Laien eine faire Chance zu geben.
Müssen Sie sich vor Gericht aufgrund einer Straftat verteidigen, zeichnet sich Philipp Berndtsen als Strafverteidiger in Duisburg mit mehr als 25 Jahren Erfahrung auf dem Rechtsgebiet des Strafrechts besonders aus. Überzeugen Sie sich innerhalb einer persönlichen Beratung gerne selbst von seiner umfassenden Expertise und Empathie.
In diesem Beitrag erfahren Sie, wann ein Beschuldigter Anspruch auf eine staatliche Verteidigung hat und welche wesentlichen Voraussetzungen dafür gegeben sein müssen.
Inhaltsverzeichnis
- Das Wichtigste in Kürze
- Wer bekommt einen Pflichtverteidiger
- Wie wird ein Pflichtverteidiger bestellt?
- Die Rolle des Pflichtverteidigers im Prozess
- Die Nebenklage vor Gericht und der Pflichtverteidiger
- Kosten und Finanzierung eines Pflichtverteidigers
- Die Bedeutung des Pflichtverteidigers für ein faires Verfahren
Das Wichtigste in Kürze
- Pflichtverteidiger werden bei schweren Straftaten, Untersuchungshaft oder bei Bestellung eines Nebenklagevertreters durch das Gericht beigeordnet.
- Die finanzielle Situation spielt keine Rolle, maßgeblich sind gesetzliche Voraussetzungen.
- Die Kosten übernimmt zunächst der Staat, bei Verurteilung muss der Angeklagte sie erstatten.
- Pflichtverteidiger gewährleisten ein faires Verfahren und die Wahrung der Rechte des Beschuldigten.
Wer bekommt einen Pflichtverteidiger?
Ein Blick in die Strafprozessordnung (StPO) verrät: In Deutschland besteht ein Anspruch auf einen Pflichtverteidiger beispielsweise dann, wenn einer Person eine schwere Straftat vorgeworfen wird, für die mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe droht. Auch wer sich in Untersuchungshaft befindet, sich wegen gesundheitlicher Einschränkungen nicht selbst verteidigen oder aus finanziellen Gründen keinen eigenen Anwalt bezahlen kann, hat Anspruch auf einen Pflichtverteidiger.
Welche Voraussetzungen konkret für eine notwendige Verteidigung erfüllt sein müssen, ist in § 140 StPO geregelt.
(1) Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt vor, wenn
1. zu erwarten ist, dass die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug vor dem Oberlandesgericht, dem Landgericht oder dem Schöffengericht stattfindet;
2. dem Beschuldigten ein Verbrechen zur Last gelegt wird;
3. das Verfahren zu einem Berufsverbot führen kann;
4. der Beschuldigte nach den §§ 115, 115a, 128 Absatz 1 oder § 129 einem Gericht zur Entscheidung über Haft oder einstweilige Unterbringung vorzuführen ist;
5. der Beschuldigte sich auf Grund richterlicher Anordnung oder mit richterlicher Genehmigung in einer Anstalt befindet;
6. zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten seine Unterbringung nach § 81 in Frage kommt;
7. zu erwarten ist, dass ein Sicherungsverfahren durchgeführt wird;
8. der bisherige Verteidiger durch eine Entscheidung von der Mitwirkung in dem Verfahren ausgeschlossen ist;
9. dem Verletzten nach den §§ 397a und 406h Absatz 3 und 4 ein Rechtsanwalt beigeordnet worden ist;
10. bei einer richterlichen Vernehmung die Mitwirkung eines Verteidigers auf Grund der Bedeutung der Vernehmung zur Wahrung der Rechte des Beschuldigten geboten erscheint;
11. ein seh-, hör- oder sprachbehinderter Beschuldigter die Bestellung beantragt.
Wie wird ein Pflichtverteidiger bestellt?
Bestellt wird der Pflichtverteidiger in der Regel von Amts wegen, also automatisch, wenn bis dahin kein eigener Anwalt hinzugezogen wurde. Der Zeitpunkt der Bestellung ist spätestens, wenn die Zustellung der Anklageschrift an den Beschuldigten erfolgt ist. Damit geht das Ermittlungsverfahren in das Zwischenverfahren über.
Allerdings ist auch zu beachten, dass das Gericht die tatsächliche Bestellung im eigenen Ermessen durchführen kann. Eine Ausnahme ergibt sich nur dann, wenn bereits eine Untersuchungshaft angeordnet wurde.
Wenn es sich um ein Ermittlungsverfahren handelt, kann eine Beiordnung eines Strafverteidigers hingegen auch von der Staatsanwaltschaft beantragt werden, sofern aus deren Sicht eine Notwendigkeit besteht.
Der Beschuldigte selbst bekommt die Gelegenheit, sich innerhalb der Frist für einen Pflichtverteidiger seiner Wahl zu entscheiden. Hierbei kann die Pflichtverteidigerliste, die die Anwaltskammern der Länder zur Verfügung stellen, Abhilfe schaffen.
Wird kein Anwalt benannt oder lehnt dieser die Pflichtverteidigung ab, wählt das Gericht einen Pflichtverteidiger aus und ordnet ihn dem Fall bei. Das ist dann meist ein niedergelassener und zur Vertretung berechtigter Rechtsanwalt aus dem Bezirk des zuständigen Gerichts.
Die Rolle des Pflichtverteidigers im Prozess
Der Pflichtverteidiger vertritt, wie jeder andere Strafverteidiger auch, die Interessen seines Mandanten unabhängig. Zu seinen zentralen Aufgaben zählen die Beratung des Mandanten über die rechtliche Situation, die Ausarbeitung der Verteidigungsstrategie, die Teilnahme an Hauptverhandlungen und anderen gerichtlichen Terminen sowie die Wahrnehmung aller prozessualen Rechte.
Er ist zudem verpflichtet, über alle Aspekte des Verfahrens zu informieren, Akteneinsicht zu nehmen und dem Mandanten zur Seite zu stehen, um dessen Aussagefreiheit oder Schweigerecht zu wahren. Dabei ist er zur Verschwiegenheit und zur loyalen, engagierten Verteidigung verpflichtet, unabhängig davon, ob er vom Mandanten selbst oder vom Gericht bestellt wurde.
So ist der Pflichtverteidiger in seiner anwaltlichen Unabhängigkeit grundsätzlich nicht eingeschränkt, sein Mandant muss also keine Benachteiligung gegenüber einem selbst gewählten Anwalt befürchten. Zudem ist er gesetzlich dazu verpflichtet, sich mit der gleichen Sorgfalt und dem gleichen Engagement für seinen Mandanten einzusetzen wie ein Wahlverteidiger.
Die Nebenklage vor Gericht und der Pflichtverteidiger
Die Nebenklage ist im deutschen Strafverfahren eine besondere Form der Beteiligung von Opfern oder deren Angehörigen, insbesondere bei bestimmten schweren Straftaten. Nebenkläger sind berechtigt, im Prozess eigene Rechte wahrzunehmen, beispielsweise das Fragerecht, das Recht, Anträge zu stellen oder Rechtsmittel gegen Urteile einzulegen. Damit haben sie im Verfahren ähnliche Rechte wie der Angeklagte, ohne jedoch selbst Angeklagter zu sein.
Ein Nebenkläger kann unter bestimmten Voraussetzungen einen eigenen rechtlichen Beistand erhalten. Anspruch auf die Beiordnung eines Pflichtverteidigers besteht zum Beispiel, wenn besonders schwerwiegende Tatvorwürfe wie Sexualstraftaten, versuchte Tötungsdelikte oder Fälle von schwerer Gewalt im Raum stehen oder das Opfer aufgrund persönlicher Umstände nicht in der Lage ist, seine Rechte selbstständig wahrzunehmen. In diesen Fällen kann das Gericht einen sogenannten Nebenklagenbeistand auf Staatskosten bestellen.
Kosten und Finanzierung eines Pflichtverteidigers
Die Pflichtverteidigung ist nicht mit Prozesskostenhilfe zu verwechseln, da sie nicht von der finanziellen Lage des Beschuldigten abhängt, sondern nur dann zum Tragen kommt, wenn das Gesetz einen Fall der notwendigen Verteidigung vorsieht.
Zunächst übernimmt der Staat die Kosten für den Pflichtverteidiger, der seine Gebühren direkt mit der Staatskasse abrechnet. Wird der Angeklagte jedoch verurteilt, muss er die Kosten des Verfahrens und damit auch die Auslagen für den Pflichtverteidiger zurückzahlen. Nur im Fall eines Freispruchs muss der Staat am Ende die Kosten tragen.
Im Unterschied zur Wahlverteidigung, bei der der Mandant seinen Anwalt selbst wählt und bezahlt, entscheidet bei der Pflichtverteidigung das Gericht über die Bestellung des Verteidigers. Die Pflichtverteidigung ist also keine kostenlose Strafverteidigung, sondern lediglich eine staatlich organisierte Absicherung der Verteidigung in besonders wichtigen Fällen, unabhängig vom Einkommen des Beschuldigten.
Die Bedeutung des Pflichtverteidigers für ein faires Verfahren
Der Pflichtverteidiger gewährleistet, dass auch Beschuldigte, die sich nicht selbst kompetent verteidigen können oder mit besonders schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert sind, professionellen rechtlichen Beistand erhalten. So wird sichergestellt, dass die Rechte des Angeklagten gewahrt bleiben und das Verfahren ausgewogen und gerecht verläuft, unabhängig von der sozialen oder finanziellen Situation des Betroffenen. Der Pflichtverteidiger steht damit für die Wahrung rechtsstaatlicher Grundprinzipien und verhindert eine wesentliche Benachteiligung in Strafprozessen.
Idealerweise sollte ein Strafverteidiger, besonders im Fall einer notwendigen Verteidigung auch ein Pflichtverteidiger, so früh wie möglich, am besten bereits im Ermittlungsverfahren, hinzugezogen werden. Hier lassen sich noch entscheidende Weichen für den weiteren Verlauf des Strafverfahrens stellen.
Je eher der Verteidiger eingebunden ist, desto besser werden die Rechte des Beschuldigten gewahrt und der Verlauf des Verfahrens zu dessen Gunsten beeinflusst. Für eine kompetente Unterstützung im Strafrecht steht Rechtsanwalt Philipp Berndtsen in Duisburg als erfahrener Strafverteidiger zur Verfügung. Vereinbaren Sie gerne einen Beratungstermin, um Ihre Möglichkeiten individuell zu besprechen.